5 Erfolgsfaktoren bei der agilen Einführung von Bestandsführungssystemen

Wir machen das agil! Die Einführung eines neues Bestandsführungssystem ist ein Mammutprojekt bei jedem Versicherer. Zusammen mit der Convista erneuert die Credit Life ihr Bestandssystem und geht dabei agil vor. Jedes Vorhaben ist individuell und hat unterschiedliche Anforderungen. Wir zeigen 5 Erfolgsfaktoren mit denen ihr Projekt gelingt.

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Fachartikel, Versicherungswirtschaft

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Rennwagen als Symbolbild für die schnelle Einführung eines Bestandssystems durch agiles Vorgehen

Agile Vorgehensweisen sind in den Versicherungsunternehmen angekommen. Der flächendeckende Einsatz, auch in Großprojekten, hat sich jedoch noch nicht durchgesetzt. Projekte gewinnen durch eine agile Vorgehensweise an Effizienz, erreichen dadurch eine kürzere time-to-market und schaffen Transparenz zum neuen System. Die Credit Life, führender Anbieter von Versicherungslösungen im Bereich Bancassurance, hat sich bei der Erneuerung ihres Bestandsführungssystems für eine agile Vorgehensweise nach Scrum entschieden. Funktioniert das? Die Antwort darauf lautet: Ja, und zwar sehr gut! Seit September 2019 wird das Bestandsführungssystem ReSy der Convista beim Versicherer eingeführt. Nach weniger als einem Jahr Projektarbeit ist das neue System in Produktion gegangen inklusive der Bestandsmigration aus dem Vorgängersystem. Jedes Projekt ist individuell, jedoch gibt es bestimmte Faktoren, die den Fortschritt positiv beeinflussen.

Diese 5 Faktoren sollten berücksichtigt werden:

  1. Verständnis schaffen
  2. Vertrauen schenken, Kontrolle abgeben
  3. Offene Kommunikation schafft Transparenz
  4. Einplanung einer Vorphase
  5. Nicht alles nach Standard – Individuelle Wege gehen

1. Verständnis schaffen

Warum tun wir das, was wir tun, in dieser Form? Diese Frage sollte eingehend allen Stakeholdern beantwortet werden. Eine Umstellung oder Einführung einer neuen Methode bedeutet nicht, dass bisherige Vorgehensweisen nicht funktionieren oder schlecht sind. Dieser Eindruck kann bei den Projektbeteiligten entstehen, wenn sie das erste Mal mit einer neuen Methode in Berührung kommen. Es kommt in diesem Zusammenhang häufig zu Konflikten zwischen der „klassischen“ und der „agilen“ Welt. Alle Vorgehensweisen haben ihre Daseinsberechtigung. Wichtig ist, sich Zeit und Raum zu geben, um den Auftrag und die Rahmenbedingungen zu betrachten, abzuwägen und eine Vorgehensweise festzulegen. Die Entscheidung, agil vorzugehen wird bewusst getroffen, wodurch die Stärken der Vorgehensweise zum Tragen kommen. Entscheidend ist, alle Projektbeteiligten abzuholen und Verständnis für das Vorgehen zu schaffen. Das führt zu mehr Transparenz und erhöht die Ergebnisakzeptanz. Außerdem werden das Commitment zum Projekt und die Zusammenarbeit der Beteiligten gefördert.

2. Vertrauen schenken, Kontrolle abgeben

Agil zu arbeiten, bedeutet, selbstorganisierte Teams zu etablieren. Im ersten Moment eine ungewohnte Situation. Umso wichtiger ist es, dass das Management sich auf die agile Vorgehensweise einlässt und sie akzeptiert. Dazu gehört insbesondere, anfangs eintretende Verschlechterungen aushalten zu können. Die Teams brauchen Zeit, um das neue Vorgehen umzusetzen und sich einzuspielen. Die Führungsebene ist gefordert, die Methode zu tragen und Vertrauen zu schenken. Das bedeutet zum einen Vertrauen in die Methode, zum anderen Vertrauen in das Projektteam. Hierbei wird ein Stück weit Kontrolle abgegeben und den Teams überlassen, was wiederum die Selbstständigkeit der Mitarbeiter/innen fördert. Die Projektbeteiligten gewinnen an Eigenverantwortung. Das fördert die Motivation und gibt dem Projekt weiteren Anschub.

3. Offene Kommunikation schafft Transparenz

Indem alle Stakeholder in die Methoden eingeführt werden, wird nicht nur Verständnis, sondern auch eine hohe Transparenz geschaffen. Dies gelingt nur durch eine offene und starke Kommunikation und durch engen Austausch mit den Stakeholdern. Im ersten Schritt sollte der Fachbereich in die Planungen und Reviews einbezogen werden. Damit wird sichergestellt, dass die Kolleg/innen nicht nur informiert, sondern im Entwicklungsprozess involviert sind. Die Teilnahme an Meetings hat den Vorteil, direktes Feedback einzuholen und Anpassungen frühzeitig einzusteuern. Die kurzen Feedbackschleifen und eng getakteten Reviews bei Scrum schaffen Transparenz in Echtzeit durch eine regelmäßige Information und Überprüfung des Projektstatus. Über das Review werden Arbeitsabläufe und Ergebnisse unmittelbar sichtbar und vor allem nachvollziehbar. Das schafft zudem eine größere Verbindlichkeit. Im ReSy-Projekt führen wir ein monatliches Business Breakfast durch: In lockerer Atmosphäre erhalten alle Beteiligten während des Frühstücks Informationen über den aktuellen Stand der Entwicklung während mehrerer Sprints und die nächsten Schritte. Die Projektbeteiligten werden „spielerisch“ an das Syste und die Arbeit im Projekt herangeführt, die transparente Kommunikation führt zu Akzeptanz und letztlich zu einer höheren Zufriedenheit. Die Projektbeteiligten gewinnen durch die kurzen Sprints zudem Zwischenerfolge, welche die Motivation weiter steigern.

4. Einplanung einer Vorphase

Ein Großprojekt vereint viele Stakeholder mit unterschiedlichem Know-how und Anforderungen. Bei der Implementierung einer Projektmethode, mit der der Großteil der Stakeholder noch nicht in Berührung gekommen ist, kommt es darauf an, die Thematik und das Vorgehen im Vorfeld theoretisch und praktisch zu erklären, verständlich zu machen und zu verinnerlichen. Ziel der Vorphase ist der Aufbau eines agilen Mindsets idealerweise bei allen Stakeholdern. Es empfiehlt sich, eine Schulung aller Prozessbeteiligten in agilen Methoden durchzuführen, da die Vorgehensweise nicht selbsterklärend ist. Zudem beinhaltet die Vorphase, die einen Monat nicht überschreiten sollte, alle organisatorischen Themen. Damit ist sichergestellt, dass die Teams möglichst sofort nutzbare Werte schaffen. Auch dieses Vorgehen ermöglicht Akzeptanz und Transparenz, da Stakeholder inzwischen vertraut sind mit den Methoden und sie umsetzen können. Zudem sollten Change-Management-Maßnahmen projektbegleitend eingesetzt werden, um den Transformationsprozess effektiv zu flankieren.

5. Nicht alles nach Standard – Individuelle Wege gehen

Im agilen Vorgehen sind die Rollen genau definiert. Das Basis-Gerüst schafft im Vorgehen Orientierung und Hilfestellungen insbesondere in Projekten, in denen Stakeholder agiles Vorgehen erst kennenlernen. Eine Abweichung vom Standardvorgehen kann durch die Rahmenbedingungen, die im Projekt vorliegen (Reportingstrukturen, Prozesse), erforderlich sein. Hier gilt es, die richtige Passung zu finden und sich in die Strukturen einzugliedern. In der Regel vertritt die Rolle des Product Owners eine Person und ist Ansprechpartner für das Entwicklerteam, die Kunden und Stakeholder. Die Herausforderung im ReSy-Projekt besteht darin, zwei Welten zusammenzubringen: Einerseits muss der Product Owner über das Know-how des Standardprodukts verfügen. Andererseits müssen ebenso die kundenspezifischen Anforderungen berücksichtigt werden. Aus diesem Grund werden mehrere Personen für diese Rolle bestimmt. Aufseiten der Convista vertritt diese Person das Produkt ReSy, die Credit Life bringt zudem je eine Person ein, die den fachlichen Input liefert sowie die Integration in die Systemlandschaft und die Anbindung an die Umsysteme verantwortet. Das Projekt profitiert dabei vom kombinierten Know-how des Produkts und der kundenseitigen Anforderungen. Je nach Projektsetting kann es hilfreich sein, zusätzliche Projektleiter einzusetzen. Diese Rolle ist in Scrum nicht definiert, fungiert aber im übergreifenden Kontext des Projekts als Bindeglied zwischen etablierten Reporting-Strukturen, Controlling-Mechanismen sowie den operativen, agilen Prozessen.

Autor

Michael Hemmkeppler – Managing Partner

Michael Hemmkeppler ist Managing Partner im Geschäftsbereich Versicherungswirtschaft. Seit mehr als zehn Jahren konzipiert und begleitet er die Einführung von Bestandssystemen. Als Verfechter agiler Prinzipien ist seine Arbeit in Transformationsprojekten von diesen geprägt. 
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