KI im Versicherungsvertrieb: 3 Beispiele wie der Vertrieb von AI profitieren kann
Versicherer arbeiten in vielen Anwendungen mit KI, im Vertrieb kommt dies noch wenig an. Kann Künstliche Intelligenz die Beratungsqualität verbessern? 3 Beispiele für KI im Versicherungsvertrieb.
Kann KI im Versicherungsvertrieb unterstützen?
„Dokumentations- und Verwaltungsaufgaben kosten mich immer mehr Zeit, Zeit die dann für die Kundenberatung fehlt“– so oder so ähnlich hören wir es immer wieder von Versicherungsvermittlern.
Durch ständig neue Gesetzesvorgaben, wachsende Produktportfolios, Dokumentationspflichten sowie dem Druck, ständig erreichbar zu sein, gestaltet sich der Alltag eines Versicherungsvermittlers meist stressig. Die effiziente Nutzung von Zeit und qualitativ hochwertige, maßgeschneiderte Beratungsgespräche sind damit im Versicherungsvertrieb ein wichtiges Thema.
Wie kann Künstliche Intelligenz im Vertrieb unterstützen und für mehr Effizienz sorgen? Wir nehmen 3 Anwendungsbeispiele unter die Lupe.
KI im Versicherungsvertrieb: Drei KI Use Cases im Versicherungsvertrieb
1. KI als digitaler Assistent
In einer zunehmend digitalen Welt hinterlassen Versicherungsnehmer viele Datenspuren: beim Öffnen eines Newsletters, dem Kauf einer Versicherung, der Einreichung eines Schadenfalls oder durch Feedback und Fragen an die Vermittelnden. Diese Daten können miteinander verknüpft, standardisiert und konsolidiert werden, um sie anschließend in einem Kundenprofil zusammenzufassen. Dieses durchgängige Kundenprofil bietet Einblicke in den Bedarf und ermöglicht eine 360-Grad-Sicht auf den Versicherungsnehmenden. Diese Informationen kann der Vertrieb nutzen, um Kunden effizienter zu begleiten und Vertriebsvorgänge zu beschleunigen. So kann jedem Kunden individuell der beste erwartete Service geboten und die Kundenbeziehungen gestärkt werden.
Daten und technologische Unterstützung
Eine der grundlegenden Voraussetzungen für den erfolgreichen Einsatz von KI-Assistenzen im Versicherungsvertrieb ist die Verfügbarkeit qualitativ hochwertiger Daten. KI-Systeme sind auf umfassende Datensätze angewiesen, um Muster zu erkennen, Vorhersagen zu treffen und personalisierte Empfehlungen auszusprechen. Versicherer sollten sicherstellen, dass ihre Datenbanken gut strukturiert, aktuell und vielseitig sind.
Es braucht die richtige Software-Lösung, um die Daten entlang der gesamten Journey sauber zu erfassen, zu speichern und so aufzubereiten, dass sie durch KI analysiert und weiterverarbeitet werden können. Eine mögliche Plattform: Die SAP Customer Data Plattform. Diese Plattform kann mit verschiedenen Quellsystemen verbunden und integriert die Daten in ein durchgängiges Kundenprofil. Auf dieser Basis können KI-Anwendungen aufsetzen, um den Vertrieb und die Kundenbeziehung zu unterstützen.
Dazu verknüpft die KI Datentöpfe über das CRM-System hinaus und kann basierend auf den extrahierten Informationen:
- Dem Vermittelnden eine Schnell-Auskunft zur individuellen Kundensituation (zum Beispiel zur Vorbereitung eines Kundengesprächs) an die Hand geben
- Eingehende Anfragen analysieren, relevante Informationen herausfiltern und Fragen oder Aufgaben identifizieren
- Antworten über die verschiedenen Kommunikationskanäle vorschlagen
- Terminwünsche erkennen, mit dem Kalender verknüpfen und Termineinladungstexte vorschlagen
- automatisch Vertragsdokumente und Bedingungen heraussuchen, um Beraterinnen und Beratern Zeit zu sparen
- basierend auf all den Daten, die über Versicherungsnehmer:innen vorliegen, individuelle Verhaltensweisen empfehlen
Datenschutz hat höchste Priorität
Der sensible Umgang mit Kundendaten ist im Versicherungssektor von größter Wichtigkeit. Vor dem Einsatz von KI im Vertrieb müssen Versicherer sicherstellen, dass ihre Prozesse den höchsten Datenschutzstandards entsprechen. Die Anonymisierung und Verschlüsselung sensibler Informationen sind essenziell, um die Privatsphäre der Kunden zu wahren. Gleichzeitig müssen Unternehmen sicherstellen, dass ihre KI-Anwendungen den geltenden Datenschutzbestimmungen und regulatorischen Anforderungen entsprechen. Ein transparenter Umgang mit der Datenverarbeitung und eine klare Kommunikation gegenüber den Kunden sind Schlüsselfaktoren, um das Vertrauen zu wahren und möglichen rechtlichen Konsequenzen vorzubeugen.
2. KI-gestützte Chatbots
Die begrenzten Kontaktpunkte zwischen Versicherungsunternehmen und Kunden erschweren es, eine langfristige Beziehung aufzubauen. Durch den Einsatz von KI-gestützten Chatbots können Versicherer wie auch Makler ihre Präsenz erhöhen.
Chatbots gibt es bereits seit einigen Jahren auf dem Markt. Viele von ihnen agieren regelbasiert. Regelbasierte Chatbots können im Kundenkontakt schnell an ihre Grenzen kommen und mit unpassenden Antworten die Kunden frustrieren. Ein generatives Sprachmodell, das mit unternehmenskonformen Grundlagen nachtrainiert wurden, ermöglicht es, mit individueller zu agieren. Wesentliche Voraussetzung sind qualitativ-hochwertige Texte, z. B. zum Vertriebs- und Beratungsansatz, Produktinformationen und Wording-Informationen. Der Vorteil: KI-gestützte Chatbots sind in der Lage, komplexe Fragen zu beantworten, Angebote zu personalisieren und Kundenbedürfnisse proaktiv zu identifizieren.
3. Künstliche Intelligenz zur Vertragsoptimierung und Up-Selling
Ein weiterer Einsatz von Sprachmodellen im Versicherungsvertrieb ist die Analyse von Allgemeinen Versicherungsbedingungen. Um Kunden bestmöglich beraten zu können, müssen Versicherungsvermittler:innen bei Änderung von Versicherungsbedingungen den alten mit dem neuen Stand vergleichen. Da AVB-Dokumente oftmals viele Seiten lang sind, ist ein Vergleich nicht nur zeitaufwändig, sondern auch fehleranfällig. Diese Kombination führt nicht selten dazu, dass ein intensiver Vergleich nicht oder nur stichprobenartig erfolgt. Das auf Versicherungsdokumente trainierte Sprachmodell kann inhaltliche und semantische Differenzen in AVBs identifizieren.
Bei einem Dokumentenvergleich können diese Fragen entscheidend sein:
- Wurden Paragrafen sprachlich verändert, was z. B. zu veränderten Pflichten des Versicherungsnehmenden führt?
- Wurden Höchstentschädigungsgrenzen oder Selbstbehalte angepasst?
- Sind bisherige Deckungsinhalte weggefallen?
Der große Vorteil: Der KI-gestützte Vergleich geht dabei über eine reine „Such“-Funktion hinaus und erkennt auch Inhalte, die sprachlich ähnlich aber nicht 1 zu 1 übereinstimmen. Das spart mühsames Durchforsten der Versicherungsbedingungen auf Seiten des Vermittelnden. Der KI-gestützte Vergleich kann genauso auch mit Bedingungen verschiedener Anbieter erfolgen. Das Ergebnis kann als Entscheidungshilfe dem Kunden an die Hand gegeben werden.
Ein solches Tool ist der KI-gestützte Dokumentenvergleich mit compAIr.
Vorteile von KI – für Vermittler, Versicherer & Endkunde
Individuelle Beratung
Ein zentrales Problem im Versicherungsvertrieb ist die als „Low Interest“ bezeichnete Natur der Produkte. Kunden denken oft nicht aktiv über ihre Versicherungsbedürfnisse nach, bis ein einschneidendes Ereignis eintritt. Dies erfordert innovative Ansätze, um Kunden frühzeitig zu erreichen und ihnen die Notwendigkeit von Versicherungen näherzubringen. Hier kann Künstliche Intelligenz (KI) einen bedeutenden Beitrag leisten, indem sie personalisierte Ansätze entwickelt, die auf individuellen Bedürfnissen und Lebenssituationen der einzelnen Kunden basieren.
Schnellere Antworten & Erreichbarkeit
Die Erreichbarkeit spielt eine entscheidende Rolle im Versicherungsvertrieb. Kunden erwarten schnelle und präzise Antworten auf ihre Anfragen. KI kann dabei helfen, die Reaktionszeiten zu verkürzen, indem sie automatisierte Prozesse implementiert, Anfragen vorqualifiziert oder direkt passende Auskunft liefert. Diese virtuellen Agenten können Vertriebs-Ressourcen entlasten und einfache Anfragen effizient bearbeiten, während menschliche Mitarbeitende sich auf komplexe und beratungsintensive Aufgaben konzentrieren.
Omnichannel-Präsenz
Versicherungsnehmer:innen erwarten eine nahtlose Erfahrung über verschiedene Kanäle hinweg. KI ermöglicht es Versicherungsunternehmen, eine konsistente Omnichannel-Präsenz zu schaffen. Dies bedeutet, dass Kunden unabhängig vom gewählten Kommunikationskanal eine einheitliche und personalisierte Erfahrung erhalten. Durch die Integration von KI in den Omnichannel-Ansatz können Unternehmen ihre Dienstleistungen flexibel an die Bedürfnisse der Kunden anpassen.
Zeitersparnis & Arbeitsentlastung
Während KI repetitive Aufgaben, wie beispielsweise die Analyse der Versicherungsbedingungen übernimmt, kann sich der Vermittelnde auf die Vorbereitung qualitativ hochwertiger Beratungsgespräche konzentrieren.
Wie gehe ich vor, wenn ich KI im Vertrieb einsetzen möchte?
Das CRISP-DM-Modell ermöglicht eine strukturierte Herangehensweise an die Umsetzung von KI-Anwendungsfällen.
Das CRISP-DM ist ein mögliches Modell, um die Umsetzbarkeit eines KI Use Cases zu prüfen. CRISP-DM steht für CRoss Industry Standard Process for Data Mining – auf deutsch „industrieübergreifender Standardprozess für Data Mining“. Ziel des Modells ist es, den Use Case vom Anwendungsfall aus über die Daten zu verstehen, die Daten entsprechend aufzubereiten und zu prüfen, ob der Use Case zielführend umgesetzt werden kann. Dazu umfasst das Modell sechs Prozessschritte „Business Understanding”, „Data Understanding”, „Data Preparation”, „Modeling”, „Evaluation” und „Deployment”. Grundlage des Modells ist der konkrete Anwendungsfall.
In der Phase „Business Understanding“ geht es darum, nicht nur einen sinnvollen betriebswirtschaftlichen Use Case für Künstliche Intelligenz zu identifizieren, sondern auch klare Ziele zu definieren. Dieser Schritt wird oft unterschätzt, ist aber entscheidend für den Projekterfolg. Um Silodenken zu überwinden, ist eine bereichsübergreifende Zusammenarbeit gerade in diesem Prozessschritt wichtig.
In den nächsten beiden Schritten untersucht man, ob für den konkreten Use Case die benötigten Daten vorliegen, und trägt diese zusammen. Es ist entscheidend, einen bereinigten Datensatz zu erstellen, der für das Training der KI-Modelle verwendet werden kann. Die „Modelling-Phase“ konzentriert sich auf die Auswahl und Training des KI-Modells. In der „Evaluationsphase“ arbeiten Data Scientists eng mit den Fachbereichsstakeholdern zusammen, um die Modellergebnisse zu bewerten und zu entscheiden, ob das Modell in den Regelbetrieb überführt wird.
Fazit: KI im Versicherungsvertrieb
Der erfolgreiche Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Versicherungsvertrieb erfordert nicht nur technologische Innovation, sondern auch eine solide Grundlage in Bezug auf Datenqualität, technische Infrastruktur und Datenschutz. Durch das Schaffen dieser Voraussetzungen können Versicherer die Potenziale der KI nutzen, um ihren Kunden einen modernen, effizienten und personalisierten Service zu bieten, der den sich ständig verändernden Anforderungen des Marktes gerecht wird.
Autor
Tim ist ein erfahrener Projektleiter mit fachlichem Schwerpunkt im Omnichannel Marketing und Customer Experience Management. Er vereint fundierte Versicherungskenntnisse mit breiter Marketing-Praxis, um datengestützte Kundenerlebnisse zum Leben zu bringen.
Ihr Ansprechpartner für KI im Versicherungsvertrieb
Tim Plönzig